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Die Orangengeschichte

Esther-Maria Roos

Was die letzte Orange mit einer guten Konfliktlösung zu tun hat

Auf dem Markt war kurz vor dem langen Wochenende sehr viel los und daher gab es kurz vor Schluss wirklich nur noch eine einzige Orange im Angebot. Gleichzeitig wollten nun zwei Kundinnen genau diese eine Orange kaufen. Was konnte der Verkäufer tun? Der erste Impuls wäre vielleicht gewesen, die Orange zu halbieren. Aber der Verkäufer tat etwas anderes. Er fragte, was die Kundinnen denn mit der Frucht machen wollten. Es kam heraus, dass eine Frau Saft pressen wollte und die andere einen Kuchen backen, der durch die Schale aromatisiert wurde.

Die Lösung war nun schnell gefunden – die Damen verständigten sich darauf, dass zuerst der Saft gepresst würde und anschließend der Rest der Orange der anderen zum Kuchenbacken überlassen wird. Sie waren beide zufrieden und konnten ihre Pläne verwirklichen.

Die Geschichte von der Orange ist ein Klassiker in der Mediationsausbildung, denn man erkennt hieran besonders gut zwei Dinge.
  1. Man muss einen Wunsch (die sogenannte „Position“) hinterfragen, um das eigentliche Interesse zu erkennen
  2. Kennt man das eigentlichen Interesse einer Person, werden Lösungen einfach

Etwas anderes sieht man übrigens an diesem Beispiel auch noch: Der Kompromiss (also hier die Halbierung der Orange) wäre für beide Seiten nur bedingt hilfreich gewesen, denn beiden hätte es für ihr eigentliches Ziel nicht gereicht. Vielleicht hätte eine Seite daraus mehr Nutzen ziehen können als die andere (der Kuchenbäckerin hätte vielleicht auch die halbe Menge der Schale gereicht, während die Saftpresserin schlicht und einfach zu wenig gehabt hätte). Zwar hätten sie objektiv das Gleiche erhalten, aber der individuelle Wert wäre sehr unterschiedlich gewesen. Das kann in der Folge zu weiteren Konflikten – bzw. dem Gefühl der dauerhaften Benachteiligung – führen.

Bei einer Mediation konzentriert man sich auf das Herausarbeiten der Interessen der Beteiligten. Diese sind sehr oft verschleiert durch Wünsche oder Forderungen, die die Streitparteien nach außen tragen. Das eigentliche Interesse der einzelnen Streitpartei wird sehr oft im Vorfeld nicht ausgesprochen, weil man es für unerheblich hält oder nicht zu viel preisgeben möchte. Manchmal aber, ist es auch der Partei selbst gar nicht so bewusst. Daher ist das Herausarbeiten des Interesses ein wichtiger Schritt. Ganz nebenbei baut sich hier oft auch ein Vertrauen der streitenden Parteien zueinander auf, das sie vielleicht vorher verloren glaubten. Wenn die Parteien das Interesse des jeweils anderen nachvollziehen können, dann ist viel gewonnen und der Weg für individuelle Lösungsansätze frei.
Zugegeben, nicht immer ist die Lösung so glatt wie in der Geschichte mit der Orange, aber die Suche nach den Interessen bringt allen Beteiligten viel Klarheit und öffnet die Chance für tragbare Lösungen.

Als Mediatorin ist es meine Aufgabe, die Beteiligten durch diese Phase zu führen und sie beim Finden ihrer jeweils besten Lösung zu unterstützen.

von Esther-Maria Roos 24. Oktober 2022
Worum ging es? Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat am 29.09.2022 die Unterlassungs-und Schadensersatzansprüche eines Berufsfotografen gegen ein sog. Microstock-Foto-Portal zurückgewiesen. Der Fotograf hatte auf dem Portal einige seiner Bilder hochgeladen. Die AGB des Portals sehen vor, dass die Nennung des Namens des Fotografen bei den Bildern nicht notwendig ist. Dagegegen hatte sich der Fotograf später gewehrt und sich auf sein Recht auf Namensnennung gem. § 13 UrhG berufen. Das OLG Frankfurt sah dies hier aber nicht als begründet an und hat entschieden, dass der Verzicht im Falle dieses Modells keine unangemessene Benachteiligung ist. Hier geht´s zur Pressemeldung des OLG Frankfurt . Warum finde ich das Urteil wichtig? Wenn Urheber ihre Bilder bei (großen) Stock-Foto-Portalen hochladen, kann die gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtung zur Nennung des Namens des Urhebers tatsächlich per Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ausgeschlossen werden. Wer sich als Urheber darauf einlässt, ist auch daran gebunden. Auf der anderen Seite entsteht dabei für die Nutzer des Portals eine Sicherheit. Wenn also ein Nutzer den Namen des Urhebers nicht nennt, weil das Portal es vom Nutzer nicht verlangt, gibt es für den Nutzer kein rechtliches Risiko (mehr). Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Was ist aber dennoch wichtig zu beachten? Das Urteil bedeutet aber NICHT, dass der Name des Urhebers bei Bildern nicht genannt werden muss. Nach wie vor muss man bei der Verwendung von Fotos im Vorfeld klären, ob man das Bild in der geplanten Weise nutzen darf. Bei der Nennung des Urhebers ist dann wichtig, welche Vereinbarungen der Nutzer mit dem Urheber oder dem Rechteinhaber geschlossen hat. Wenn es keine ausdrückliche Regelung auf einen Verzicht der Nennung gibt, muss der Name genannt werden. Wo der Urheberhinweis in unterschiedlichen Medienformen platziert werden kann, habe ich in einem Dokument zusammengefasst. Solltet ihr hin noch nicht haben - hier könnt ihr euch den Leitfaden für Bildhinweise herunterladen.
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