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Hier blogge ich über aktuelle Themen aus den Bereichen Urheber-und Medienrecht, Mediation, Social Media, Datenschutz und Markenrecht. Ergänzt durch persönliche Gedanken und Geschichten aus meinem Arbeitsfeld.


Spannend für Unternehmerinnen und Unternehmer aus der Kreativbranche und Beratungsberufen wie Coaches oder Trainer.


von Esther-Maria Roos 2. März 2025
Rezepte und Urheberrecht: Eine komplexe Mischung für Foodblogger und Hobbyköche
von Esther-Maria Roos 17. Februar 2025
Stell dir vor: Ein Tag, an dem Menschen weltweit einfach freundlich sind – ohne Hintergedanken, ohne Verpflichtung, ohne Vertrag. Ein bisschen so, als würde man eine Schokolade geschenkt bekommen, ohne dass ein Werbeprospekt oder eine Abo-Falle dranhängt. Klingt schön? Dann ist heute DEIN Tag. Willkommen beim „Tag der grundlosen Nettigkeiten“ am 17. Februar! Doch wenn man sich als Juristin mit Urheberrecht und anderen rechtlichen Fallstricken beschäftigt, stellt sich eine spannende Frage: Ist grundlose Nettigkeit wirklich so grundlos? Und kann sie vielleicht sogar rechtliche Konsequenzen haben? Lasst uns gemeinsam einen genaueren Blick darauf werfen – mit einer gesunden Mischung aus Humor, juristischem Scharfsinn (und einer Prise freundlicher Ironie). ________________________________________ Grundlose Nettigkeit – ein juristisches Paradoxon? Das Konzept der „grundlosen Nettigkeit“ widerspricht in gewisser Weise unserem rechtlichen Denken. Im Zivilrecht dominiert das Prinzip von Leistung und Gegenleistung: Wer eine Leistung erhält, schuldet oft eine Gegenleistung. Der Kaufvertrag, der Mietvertrag, die Lizenzvereinbarung – alles basiert auf „do ut des“ („Ich gebe, damit du gibst“). Doch was passiert, wenn jemand einfach so etwas gibt? Nettigkeit vs. Schenkung: Ein kleiner, aber feiner Unterschied Juristisch betrachtet könnte eine grundlose Nettigkeit unter das Schenkungsrecht fallen. Denn eine Schenkung (§ 516 BGB) ist nichts anderes als eine freiwillige Zuwendung ohne Gegenleistung. Aber Achtung: Schenkungen müssen in bestimmten Fällen notariell beurkundet werden. Wer also plant, jemandem spontan ein Haus zu schenken, sollte nicht nur nett, sondern auch gut vorbereitet sein. Bei größeren Geschenken kann das Finanzamt mitreden. Ab einem bestimmten Wert greift die Schenkungssteuer – nett sein ist also nicht immer kostenlos. Für eine einfache Freundlichkeit wie eine nette E-Mail oder ein Lächeln braucht es zum Glück keinen Notar. Dennoch zeigt dieses Beispiel: Selbst uneigennützige Freundlichkeit kann rechtliche Dimensionen haben. ________________________________________ Urheberrecht und Nettigkeit – eine riskante Kombination? Da wir hier in einem Blog sind, der sich auch mit Urheberrecht befasst, lohnt sich ein genauerer Blick auf die Frage: Wann kann eine gut gemeinte Geste gegen das Urheberrecht verstoßen? 1. Die geteilte Freude – oder das unrechtmäßig geteilte Werk Ein netter Mensch sieht ein schönes Bild oder einen inspirierenden Text online und denkt sich: „Das gefällt mir, das teile ich mit meinen Freunden!“ – klingt harmlos, kann aber eine Urheberrechtsverletzung sein. Denn: Bilder, Texte, Musik und Videos sind urheberrechtlich geschützt. Sie einfach ohne Erlaubnis weiterzuverbreiten, kann Abmahnungen nach sich ziehen. Das „Private Nutzung“-Missverständnis: Viele glauben, dass alles erlaubt ist, solange sie damit kein Geld verdienen. Falsch! Auch eine nicht-kommerzielle Nutzung kann problematisch sein. Tipp: Nutze nur Inhalte mit einer klaren Lizenz oder fragen Sie die Urheberin oder den Urheber um Erlaubnis. Oder mach einfach selbst ein schönes Bild – dann sieht das schon viel entspannter aus 😉 2. Das selbst erstellte Werk als Geschenk – nicht immer unproblematisch Angenommen, Sie möchten einem Kollegen eine Freude machen und gestalten eine personalisierte Postkarte mit einem lustigen Meme oder einem bekannten Zitat. Hier gibt es gleich mehrere mögliche Stolperfallen: Bilder und Memes stammen oft aus geschützten Werken. Einfach so etwas aus dem Internet kopieren und weitergeben kann problematisch sein. Zitate sind nicht immer frei verwendbar. Auch wenn ein kurzer Spruch nett klingt, könnte er urheberrechtlich geschützt sein. Lösung: Nutze entweder lizenzfreie Inhalte oder – noch besser – lass deiner eigenen Kreativität freien Lauf! 3. Musik als Geschenk – Vorsicht bei Playlists! Eine selbst zusammengestellte Playlist für Freunde? Eine tolle Idee – solange sie privat bleibt. Wer Musik öffentlich zugänglich macht, etwa über YouTube oder soziale Netzwerke, könnte gegen Urheberrechte und Plattformrichtlinien verstoßen. Tipp: Bleibe bei privaten Playlists oder nutzen Sie offizielle Plattformen wie Spotify, die das Teilen in gewissem Rahmen ermöglichen. ________________________________________ Nettigkeit im Geschäftsleben – wo hört die Freundlichkeit auf? Neben dem Urheberrecht gibt es auch in anderen Bereichen Fallstricke der Nettigkeit, insbesondere im geschäftlichen Umfeld. 1. Die heikle Gratwanderung zwischen Nettigkeit und Bestechung In vielen Unternehmen sind Geschenke und Gefälligkeiten an Geschäftspartner oder Behördenmitarbeiter strikt geregelt. Was als freundliche Geste gemeint ist, kann als unzulässige Beeinflussung gewertet werden. Beispiel: Eine Kanzlei bedankt sich bei einer Geschäftspartnerin mit einer Flasche hochpreisigem Champagner. Nett gemeint – aber in manchen Branchen heikel. Ein Unternehmen schenkt Behördenmitarbeitern Konzertkarten – das kann schnell als Bestechung gewertet werden. Tipp: Prüfe, ob es Compliance-Richtlinien gibt, bevor du Geschenke verteilst. 2. Empfehlungsmarketing – nett oder irreführend? Wer freundlich ist, empfiehlt gerne gute Produkte weiter. Doch Vorsicht: Wenn Empfehlungen gegen eine kleine Gegenleistung (z. B. Rabatte, Affilatebeteiligungen etc.) erfolgen, gelten sie als Werbung – und müssen als solche gekennzeichnet werden. Regel: Transparenz ist entscheidend! Empfehlungen sollten nur aus ehrlicher Überzeugung und ohne verdeckte finanzielle Anreize erfolgen. ________________________________________ Fazit: Nettigkeit als seltenes Gut – mit rechtlichem Feinschliff Der „Tag der grundlosen Nettigkeiten“ erinnert uns daran, dass nicht alles im Leben auf Verträgen, Gegenleistungen und rechtlichen Rahmenbedingungen basieren muss. Aber auch Nettigkeit ist nicht immer so „grundlos“, wie sie scheint – und kann juristische Konsequenzen haben. Damit du aber am 17. Februar bedenkenlos freundlich sein kannst, hier eine letzte Checkliste : ✅ Freundlich sein ist kostenlos – solange keine Schenkungssteuer fällig wird. ✅ Texte, Bilder und Musik nur teilen, wenn sie lizenzrechtlich freigegeben sind ✅ Persönliche Geschenke lieber selbst gestalten als aus dem Internet kopieren ✅ Im Geschäftsleben auf Compliance-Regeln achten – Nettigkeit ist nicht immer unproblematisch ✅ Ein Lächeln ist kostenfrei und ehrliche Wertschätzung ist 100% rechtssicher!
von Esther-Maria Roos 2. Januar 2025
Jahresrückblick 2024: Ein kurzes Fazit Ein Jahr voller Wachstum, Lernen und Besinnung. Einleitung Das Jahr 2024 war geprägt von Veränderungen, neuen Erkenntnissen und einer bewussten Entschleunigung. Es war eine Zeit, in der ich sowohl beruflich als auch persönlich viele wichtige Lektionen gelernt habe. Während ich mich intensiv mit Künstlicher Intelligenz und rechtlichen Fragen auseinandergesetzt habe, konnte ich auch meine persönlichen Leidenschaften wie Lesen und Yoga wiederentdecken. Dieser Jahresrückblick gibt einen Einblick in meine Themen und Highlights des Jahres 2024. Von beruflichen Erfolgen über neue Erfahrungen bis hin zu wichtigen persönlichen Lektionen – es war ein Jahr, das mich nachhaltig geprägt hat. Dabei war es mir wichtig, auch einmal innezuhalten und den Moment zu genießen. Lesen Sie weiter, um einen detaillierten Einblick in mein Jahr zu erhalten. Meine Themen und Highlights in 2024 Neues lernen In rechtlicher Hinsicht war 2024 ein besonders intensives Jahr. Ein zentrales Thema war die Künstliche Intelligenz (KI), die nicht nur technisch, sondern auch rechtlich viele Herausforderungen mit sich brachte. Ich habe mich tief in rechtliche Fragestellungen eingearbeitet und dabei auch praktische Erfahrungen mit diversen Tools gesammelt. Diese Kombination aus Theorie und Praxis hat meinen Horizont enorm erweitert. Wissen vertiefen Neben neuen Themen habe ich mich auch mit vertrauten Bereichen weiterbeschäftigt. Mediation und Coaching sind seit Jahren Teil meines Lebens, und in diesem Jahr konnte ich mein Wissen durch eine Fortbildung über den Ansatz der „Lebensthemen“ vertiefen. Diese Methode hat mir neue Perspektiven eröffnet und meine Arbeit bereichert. Entschleunigung erfahren Nach langer Zeit habe ich mir wieder einen längeren Urlaub gegönnt. Ohne großes Programm, aber mit einem festen Rhythmus, habe ich die Erfahrung der Entschleunigung in vollen Zügen genossen. Es war eine willkommene Gelegenheit, die Akkus wieder aufzuladen. Aufräumen Zu Beginn des Jahres habe ich mit einer professionellen Begleitung eine Aufräum-Session durchgeführt. Innerhalb von wenigen Stunden konnte ich meinen Schreibtisch von unnötigem Ballast befreien. Er ist jetzt in vielerlei Hinsicht "in Ordnung" . Dieser Prozess hat nicht nur meinen Arbeitsplatz, sondern auch meine Denkweise nachhaltig beeinflusst. Es war der Anfang eines längeren Prozesses, der sich sowohl zuhause als auch im Büro positiv bemerkbar gemacht hat. Mein 2024-Fazit Worauf bin ich 2024 stolz? Aufgeräumt: Mit professioneller Hilfe habe ich begonnen, Schritt für Schritt Ordnung in meinen Alltag zu bringen. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen, aber der Anfang ist gemacht. Yoga: Ich habe Yoga wiederentdeckt und eine morgendliche Routine etabliert, die mir Kraft und Fokus gibt. Lesen: Die Wiederentdeckung des Lesens hat mir große Freude bereitet. Lernen: ich habe mich mit neuen Themen, insbesondere Künstlicher Intelligenz auseinandergesetzt und auch einige Tools ausprobiert und kennengelernt. Was war die beste Entscheidung, die ich 2024 getroffen habe? Es gab keine große einzelne Entscheidung, die mein Jahr geprägt hat. Doch die Teilnahme an einer Coaching-Fortbildung war eine der besten Entscheidungen. Der Ansatz der Lebensthemen hat mir sehr wertvolle Denkanstöße gegeben und meinen Blickwinkel erweitert. Was habe ich 2024 über mich selbst gelernt? Diese Dinge habe ich über mich gelernt, bzw. sind mir bewusst geworden: Innehalten: Gelegentliches Innehalten und Ausruhen ist wichtig. Spazierengehen: Ich liebe es, in der Natur zu spazieren. Sonne und Meer: Sonne und Meer tun mir unglaublich gut. Morgendliche Meditation: Meditation am Morgen sorgt für einen guten Start in den Tag. Premieren - Das habe ich 2024 zum ersten Mal gemacht Ich liebe Musik - insbesondere klassische Musik - und wollte ich schon immer einmal zu den Bayreuther Festspielen – dieses Jahr hat es endlich geklappt. Es war ein unvergleichliches Erlebnis, die fantastischen Stimmen und den großartigen Orchesterklang live zu hören. Besonders schätze ich Orchestermusik, da ich selbst als Kind Geige gespielt habe. Diese Erfahrung hat meine Begeisterung für Musik erneut entfacht. Eine andere Premiere seht ihr gerade vor euch - zum ersten Mal nehme ich am #Jahresrückblog von Judith Peters #Sympatexter teil. Es ist sehr spannend, das vergangene Jahr nochmal Revue passieren zu lassen. Welche wichtigen Lektionen hat mir 2024 mitgegeben? Von Zeit zu Zeit ist es wichtig, innezuhalten, keine weiteren Pläne zu machen und die „Planlosigkeit“ auszuhalten. Ich kann darauf vertrauen, dass die Dinge zur rechten Zeit geschehen. Wofür bin ich 2024 besonders dankbar? Dankbar für das „Jetzt“: Ich habe gelernt, den Moment zu schätzen. Urlaub: Nach langer Zeit war ich wieder drei Wochen am Stück an einem Urlaubsort. Die Ruhe und Entschleunigung, die ich auf einer kleinen französischen Insel im Mittelmeer erlebte, waren unvergleichlich. Goldschmieden: Nach 20 Jahren endet mein Hobby des Goldschmiedens, da „meine“ Goldschmiedin ihre Kurse aufgibt. Es war ein schmerzliches Loslassen, doch ich bin dankbar für diese Zeit der handwerklichen Kreativität. Lesen: Die Wiederentdeckung des Lesens hat mich bereichert. Langjährige Beziehungen: Ich schätze die Zusammenarbeit mit meinen Geschäftspartnern, Klienten und Auftraggebern ebenso wie die Unterstützung von Familie und Freunden. Mein Ausblick auf 2025 Was ich 2025 anders (besser) mache Prioritäten setzen: Mehr Fokus auf die Dinge, die wirklich wichtig sind. Diese Abenteuer erlebe ich 2025 Buchneuauflage: Die Aktualisierung meines bestehenden Buches , denn bei den Onlinekursen hat sich viel getan. Neues Buchprojekt: Ein neues Thema, ein neues Buch – das Konzept steht bereits! Stay tuned ;-) Laulupidu: Ich besuche das Sängerfest in Tallinn im Juli. Diese großen Projekte gehe ich 2025 an Mein großes Ziel für 2025 ist es, mein neues Buchprojekt zu starten und abzuschließen. Zudem plane ich, weitere Seminare und Onlinekurse zu entwickeln. Sechs Ziele und ein Motto Buchneuauflage abschließen. Neues Buchprojekt starten und abschließen. Mehr Zeit für Entschleunigung und Regeneration schaffen. Onlinekurse entwickeln. Langjährige Beziehungen pflegen und ausbauen. Noch mehr Fokus auf kreative Projekte legen. Mein Motto für 2025: Fokus und Freude.
von Esther-Maria Roos 24. Oktober 2022
Worum ging es? Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat am 29.09.2022 die Unterlassungs-und Schadensersatzansprüche eines Berufsfotografen gegen ein sog. Microstock-Foto-Portal zurückgewiesen. Der Fotograf hatte auf dem Portal einige seiner Bilder hochgeladen. Die AGB des Portals sehen vor, dass die Nennung des Namens des Fotografen bei den Bildern nicht notwendig ist. Dagegegen hatte sich der Fotograf später gewehrt und sich auf sein Recht auf Namensnennung gem. § 13 UrhG berufen. Das OLG Frankfurt sah dies hier aber nicht als begründet an und hat entschieden, dass der Verzicht im Falle dieses Modells keine unangemessene Benachteiligung ist. Hier geht´s zur Pressemeldung des OLG Frankfurt . Warum finde ich das Urteil wichtig? Wenn Urheber ihre Bilder bei (großen) Stock-Foto-Portalen hochladen, kann die gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtung zur Nennung des Namens des Urhebers tatsächlich per Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ausgeschlossen werden. Wer sich als Urheber darauf einlässt, ist auch daran gebunden. Auf der anderen Seite entsteht dabei für die Nutzer des Portals eine Sicherheit. Wenn also ein Nutzer den Namen des Urhebers nicht nennt, weil das Portal es vom Nutzer nicht verlangt, gibt es für den Nutzer kein rechtliches Risiko (mehr). Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Was ist aber dennoch wichtig zu beachten? Das Urteil bedeutet aber NICHT, dass der Name des Urhebers bei Bildern nicht genannt werden muss. Nach wie vor muss man bei der Verwendung von Fotos im Vorfeld klären, ob man das Bild in der geplanten Weise nutzen darf. Bei der Nennung des Urhebers ist dann wichtig, welche Vereinbarungen der Nutzer mit dem Urheber oder dem Rechteinhaber geschlossen hat. Wenn es keine ausdrückliche Regelung auf einen Verzicht der Nennung gibt, muss der Name genannt werden. Wo der Urheberhinweis in unterschiedlichen Medienformen platziert werden kann, habe ich in einem Dokument zusammengefasst. Solltet ihr hin noch nicht haben - hier könnt ihr euch den Leitfaden für Bildhinweise herunterladen.
von Esther-Maria Roos 3. Oktober 2022
Auf dem Markt war kurz vor dem langen Wochenende sehr viel los und daher gab es kurz vor Schluss wirklich nur noch eine einzige Orange im Angebot. Gleichzeitig wollten nun zwei Kundinnen genau diese eine Orange kaufen. Was konnte der Verkäufer tun? Der erste Impuls wäre vielleicht gewesen, die Orange zu halbieren. Aber der Verkäufer tat etwas anderes. Er fragte, was die Kundinnen denn mit der Frucht machen wollten. Es kam heraus, dass eine Frau Saft pressen wollte und die andere einen Kuchen backen, der durch die Schale aromatisiert wurde. Die Lösung war nun schnell gefunden – die Damen verständigten sich darauf, dass zuerst der Saft gepresst würde und anschließend der Rest der Orange der anderen zum Kuchenbacken überlassen wird. Sie waren beide zufrieden und konnten ihre Pläne verwirklichen. Die Geschichte von der Orange ist ein Klassiker in der Mediationsausbildung, denn man erkennt hieran besonders gut zwei Dinge. Man muss einen Wunsch (die sogenannte „Position“) hinterfragen, um das eigentliche Interesse zu erkennen Kennt man das eigentlichen Interesse einer Person, werden Lösungen einfach Etwas anderes sieht man übrigens an diesem Beispiel auch noch: Der Kompromiss (also hier die Halbierung der Orange) wäre für beide Seiten nur bedingt hilfreich gewesen, denn beiden hätte es für ihr eigentliches Ziel nicht gereicht. Vielleicht hätte eine Seite daraus mehr Nutzen ziehen können als die andere (der Kuchenbäckerin hätte vielleicht auch die halbe Menge der Schale gereicht, während die Saftpresserin schlicht und einfach zu wenig gehabt hätte). Zwar hätten sie objektiv das Gleiche erhalten, aber der individuelle Wert wäre sehr unterschiedlich gewesen. Das kann in der Folge zu weiteren Konflikten – bzw. dem Gefühl der dauerhaften Benachteiligung – führen. Bei einer Mediation konzentriert man sich auf das Herausarbeiten der Interessen der Beteiligten. Diese sind sehr oft verschleiert durch Wünsche oder Forderungen, die die Streitparteien nach außen tragen. Das eigentliche Interesse der einzelnen Streitpartei wird sehr oft im Vorfeld nicht ausgesprochen, weil man es für unerheblich hält oder nicht zu viel preisgeben möchte. Manchmal aber, ist es auch der Partei selbst gar nicht so bewusst. Daher ist das Herausarbeiten des Interesses ein wichtiger Schritt. Ganz nebenbei baut sich hier oft auch ein Vertrauen der streitenden Parteien zueinander auf, das sie vielleicht vorher verloren glaubten. Wenn die Parteien das Interesse des jeweils anderen nachvollziehen können, dann ist viel gewonnen und der Weg für individuelle Lösungsansätze frei. Zugegeben, nicht immer ist die Lösung so glatt wie in der Geschichte mit der Orange, aber die Suche nach den Interessen bringt allen Beteiligten viel Klarheit und öffnet die Chance für tragbare Lösungen. Als Mediatorin ist es meine Aufgabe, die Beteiligten durch diese Phase zu führen und sie beim Finden ihrer jeweils besten Lösung zu unterstützen.
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